“Paranoia als Migrationsdelirium und Vermittlungswahn um 1900: Zu den Aufzeichnungen von Anton Wenzel Grosz” by Elena Meilicke | TRANSIT

Paranoia als Migrationsdelirium und Vermittlungswahn um 1900: Zu den Aufzeichnungen von Anton Wenzel Grosz

TRANSIT vol. 13, no. 2

Elena Meilicke

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Abstract

Anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht mein Aufsatz die Bedeutung und Notwendigkeit einer Archivarbeit, die historisch verdrängte und marginalisierte Artefakte und Dokumente ins Licht rückt: Gegenstand der Analyse sind die handschriftlichen Aufzeichnungen und Skizzen eines Paranoikers aus den Jahren 1913/14, die mehr oder weniger zufällig in einem Berliner Literaturarchiv gelandet sind. Ich argumentiere, dass die Aufzeichnungen von Anton Wenzel Grosz für eine Geschichte der Migration im deutschsprachigen Raum von größter Bedeutung sind, weil sie – auch und gerade in ihrer paranoischen Verzerrung – ein Schlaglicht auf nur wenig erforschte vermittlungstechnische Bedingungen transatlantischer Migration zwischen Europa und den Vereinigten Staaten um 1900 werfen. Dabei betone ich mit Deleuze und Guattari, und in Abgrenzung von psychoanalytischen Lesarten, die historische und politische Dimension des paranoischen Wahns und mache seine Welthaltigkeit zur Prämisse meiner Analyse. Ich lese Grosz’ paranoische Aufzeichnungen als Zeugnis eines „Migrationsdeliriums“, eines Wahns also, der in der Migration sein Material, seine Formen und Themen findet. Überdies spielen Mittlerfiguren und -institutionen, Transportmittel und -wege eine zentrale Rolle in seinem Wahngebäude, das ich daher in einem zweiten Schritt als „Vermittlungswahn“ beschreibe, der, wie ich im Rekurs auf Michel Serres nachzeichne, parasitäre Verhältnisse thematisiert. Als realhistorisches Substrat der von Grosz phobisch besetzten Mittlerfiguren lassen sich die zeitgenössischen, sogenannten „Auswanderungsagenten“ identifizieren, welche um 1900 eine zentrale Schnittstelle innerhalb der Organisation transatlantischer Migrationsbewegungen darstellten. In einem dritten und letzten Schritt widme ich mich dem Umstand, dass Grosz „Migrationsdelirium“ sich nicht nur schreibend, sondern auch zeichnend artikuliert, und untersuche die kartographischen Skizzen, die Teil seiner Aufzeichnungen sind. Die Suche nach den Bedingungen der Möglichkeit dieser kartographierenden paranoischen Ermittlung führt mich zur zeitgenössischen Kriminologie und offenbart die geteilten Episteme von Paranoia und Kriminologie um 1900: ein Zeichengebrauch, der sich als Hypersemiose beschreiben lässt, und eine Praxis der Spurensicherung, die dem Indizienparadigma unterstellt ist. Darüber hinaus lassen sich die Karten mit Deleuze auch als Ausdruck einer Mobilisierung des Unbewussten lesen, das angesichts realer Internierung Fluchtlinien entwirft.


Aus der psychiatrischen Anstalt ins Literaturarchiv – und darüber hinaus

Vor gut einhundert Jahren, im Februar 1912, wurde der technische Zeichner Anton Wenzel Grosz in die schlesische Landesirrenanstalt Troppau, eine Anstalt mit fast tausend Patienten, eingeliefert.[1] Grosz litt unter Verfolgungswahn und wurde interniert, nachdem er in Breslau eine Schießerei mit der Polizei hatte. Im Jahr 1914 besuchte der deutsche Schriftsteller Franz Jung die Anstalt Troppau, um seinen ebenfalls dort internierten Freund, den Arzt Otto Gross, zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit lernte Jung auch Anton Grosz kennen; er erinnert sich später: „Bei meinem letzten Besuch drückte er mir ein Bündel Papiere in die Hand, kreuz und quer beschriebene Manuskripte, in einer Schrift wie mit dem Gravierstift punktiert, mit Zeichnungen dazwischen, Diagramme und einer immer wiederkehrenden Portraitskizze“[2] – um eben dieses Manuskript, das Grosz zwischen 1913 und 1914 in der Anstalt Troppau verfasst hat und in dem er seine Ängste und Wahnvorstellungen über eine groß angelegte Verschwörung ausführlich darlegt, soll es im Folgenden gehen (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Anton Wenzel Grosz: Aufzeichnungen 1913/14, Franz-Jung-Archiv, Signatur Jung 1260.

Dass diese Aufzeichnungen eines „infamen Menschen“[3] in ein Archiv gelangt sind, verdankt sich also einer glücklichen Fügung: der mehr oder weniger zufälligen Begegnung eines Kranken mit einem Schriftsteller. Denn obwohl Jung angibt, er „habe dieses seltsame Manuskript später verloren oder es ist mir weggenommen worden“,[4] findet es sich nach seinem Tod im Besitz seiner Witwe in Ost-Berlin wieder und gelangt so als Teil seines Nachlasses ins Franz-Jung-Archiv der Akademie der Künste in Berlin, in dem es noch heute liegt.[5] Die Kontingenz dieser Überlieferung wirft ein Schlaglicht auf die Tatsache, dass die Archivierung und Tradierung kultureller Artefakte kein Selbstläufer ist – natürlich nicht. Auch Archive sind Machträume, es gibt Regeln, Mechanismen und Werturteile, die über Ein- und Ausschlüsse aus dem Archiv bestimmen und damit darüber, welche kulturellen Artefakte aufbewahrt und tradiert und welche nicht.[6] Das Archiv der Akademie der Künste etwa sieht seine „zentrale Aufgabe […] darin, künstlerisch und kulturgeschichtlich wichtige Archive, Sammlungen und Kunstwerke aus allen Kunstsparten der Zeit nach 1900 zu erwerben“[7] – die Notizen eines psychisch Kranken fallen offensichtlich nicht ins Sammlungsgebiet.

Umso glücklicher ist der Umstand, dass die Aufzeichnungen von Grosz es dennoch aus der Anstalt heraus und ins Literaturarchiv hinein „geschafft“ haben, dass sie diese unwahrscheinliche Passage bewerkstelligt haben, quasi als blinder Passagier. Fast noch unwahrscheinlicher ist, dass die Aufzeichnungen im Jahr 1980 auch in Buchform veröffentlicht wurden,[8] von einem kleinen Berliner Verlag, der später als Publikationsort avancierter medientheoretischer Schriften bekannt werden sollte: Bei Brinkmann & Bose erschien 1986 etwa auch Friedrich A. Kittlers Grammophon Film Typewriter, eine der Initialzündungen der Medienarchäologie bzw., transatlantisch perspektiviert, „New German Media Theory“.

Auch der Band zu Grosz aus dem Jahr 1980 enthält einen kurzen Kommentar von Kittler. In einem Text, der selbst unter Kittler-Exeget*innen kaum bekannt ist, würdigt Kittler den technischen Zeichner aus der Irrenanstalt Troppau als scharfsinnigen Beobachter, dessen Wahnideen und Verfolgungsängste letztlich nur die Funktionsweise der „Diskurstechnologien von 1900“ offenlegen: „Information wird transportiert, reproduziert, technisch genormt und verschaltet“.[9] Kittlers Lesart des Grosz-Textes nimmt damit Motive und Argumentationsweisen jener ungleich bekannteren Lektüre vorweg, die Kittler später Daniel Paul Schrebers paranoischen Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken widmen sollte: „Die paranoische Maschine arbeitet wie eine Verbundschaltung aller Datenspeicher, die um 1900 das Aufschreiben revolutionieren,“[10] heißt es in Aufschreibesysteme 1800/1900. Der Paranoiker tritt damit bei Kittler, so schreibt die Medienwissenschaftlerin Anna Tuschling, „als ‚Bauchredner‘ der Technikgeschichte“ auf, dessen Aufzeichnungen offenlegen, was „Gesellschaft und Wissenschaft um 1900 an technischem Unbewusstem zu negieren hatten“ – Grundlage einer „Komplizenschaft medientheoretischer Schriften mit dem Wahn“, die postuliert, dass der paranoische Wahn selbst als quasi (Proto-)Medientheorie zu lesen ist.[11] Es ist insofern konsequent, dass Kittler eine seiner zentralen Analyse-Kategorien, den Begriff des „Aufschreibesystems“, Schrebers Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken entliehen hat.

Eine Archäologie der Medienarchäologie um 1980 stößt also auf Paranoia und Paranoiker. Dass der technische Zeichner Grosz dabei bislang im Schatten des Gerichtspräsidenten Schreber stand, macht seine Aufzeichnungen theoriegeschichtlich nicht weniger relevant. Mir geht es jedoch im Folgenden weniger um eine Rekonstruktion dieser theoriegeschichtlichen Bedeutung.[12] Vielmehr möchte ich eine Lektüre von Grosz’ Aufzeichnungen entwickeln, die an Kittlers anschließt und zugleich über sie hinausweist. Den paranoischen Text als quasi proto-medientheoretischen ernst nehmend, möchte ich mich den Vermittlungs- und Übertragungsverhältnissen, die in Grosz’ Aufzeichnungen thematisiert und diskursiviert werden, mit Hilfe eines erweiterten Medien-Begriffs nähern, der nicht nur technische Medien umfasst, sondern beispielsweise auch Infrastrukturen, Verkehrsmittel und menschliche Mittler miteinbezieht.[13] Gleichzeitig möchte ich versuchen, die Aufzeichnungen so weit wie möglich historisch zu verorten und zu kontextualisieren – dabei erweist sich insbesondere die transatlantische Migration zwischen Europa und den Vereinigten Staaten um 1900 als Problemzusammenhang, auf den Grosz’ Aufzeichnungen zu beziehen sind. Deutlich wird, so lautet meine zentrale These, dass die Aufzeichnungen von Grosz auch und gerade in ihrer paranoischen Verzerrung ein Schlaglicht auf nur wenig erforschte vermittlungstechnische Bedingungen transatlantischer Migration um 1900 werfen und insofern für eine Geschichte der Migration im deutschsprachigen Raum von größter Bedeutung sind.

Migrationsdelirium 

Was also ist das für ein Manuskript, das Grosz in den Jahren 1913 und 1914 in der Anstalt niedergeschrieben hat? Dass Paranoiker gerne schriftstellern, ist der Psychiatrie seit langem bekannt: der sogenannte „Schreibdrang“[14] gehört um 1900 ganz offiziell zum Symptomkatalog der fachintern breit diskutierten, auch umstrittenen Diagnose „Paranoia“.[15] Auch die Psychoanalyse hat ihre Psychosen-Theorie im Wesentlichen anhand von paranoischen Textzeugnissenentwickelt – man denke an Sigmund Freuds Auseinandersetzung mit den Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken von Daniel Paul Schreber (und später Lacans Re-Lektüren von Schreber wie Freud).[16] Folgt man hingegen der Polemik von Deleuze und Guattari, so konnte der psychoanalytische Familialismus der Paranoia nie gerecht werden: „Es gilt festzuhalten, dass Präsident Schreber das Schicksal ereilte, nicht nur zu Lebzeiten von den Himmelsstrahlen sodomisiert, sondern posthum noch von Freud ödipalisiert worden zu sein. Vom enormen politischen, gesellschaftlichen und historischen Gehalt des Schreberschen Wahns bleibt kein Wort mehr übrig,“ und weiter: „Jedes Delirium besitzt einen welthistorischen, politischen, rassischen Inhalt; Rassen, Kulturen, Kontinente, Königreiche reißt es mit sich und wirbelt sie durcheinander […]. Es gibt keinen paranoischen Wahn, der solche historischen, geographischen und rassischen Massen nicht zusammenrührte.“[17] Für den paranoischen Wahn des Anton Wenzel Grosz trifft dies auf jeden Fall zu, wie im Folgenden deutlich wird.

Im Jahr 1906 hatte Grosz zum ersten Mal seine Heimatstadt Bielitz-Biala in Galizien (damals Österreich-Ungarn, heute Polen) verlassen, um in Amerika als Schlosser zu arbeiten; ein Jahr lange lebte er in Pittsburgh, bevor er 1907 nach Europa zurückkehrte. Im Mai 1910 reiste Grosz erneut nach Amerika und fand wieder Anstellung in Pittsburgh, diesmal als Konstruktionszeichner. Sein Manuskript setzt ein mit der Beschreibung von Ereignissen im Juli 1910: „Neben mir möglich noch in No. 209 Fall alley, aber wahrscheinlich nebenan, wohnte der größte Mörder, den es überhaupt gegeben haben dürfte solange die Welt existiert.“[18]

Grosz’ Verfolger werden im Text also zunächst einmal als Nachbarn identifiziert, weshalb seine paranoisch geschärfte Aufmerksamkeit das para – im Sinne von ‚benachbart’ oder ‚neben’ – in den Blick zu nehmen beginnt.Ausführlich werden Nachbarschaftsverhältnisse sondiert, werden in Worten und Skizzen immer wieder Wohn- und Arbeitsquartiere beschrieben. Weil aber „diese Mörder“ ihr Wirken nicht auf East-Pittsburg beschränkt, sondern sich „überall in allen Continenten herumgetrieben“ (G 37) haben, wächst sich der paranoisch verfeinerte Sinn fürs Nachbarschaftliche zum topographischen Furor aus: Die Aufzeichnungen quellen über mit Ortsnamen, der Wahn wird weltumspannend. Europa und Amerika, die galizische Heimat und die amerikanische Ostküste gehen in diesen Aufzeichnungen nahtlos ineinander über, sie überlappen und überlagern sich, sie implodieren und stürzen ineinander. Der Wahn, so lässt sich mit dem Medienwissenschaftler Stefan Rieger sagen, findet in einem „bodenlosen und deterritorialisierten Raum statt, in einem Raum also, der weder Nationen noch Grenzen (aner)kennt“.[19]

Zusammengenommen legen diese Befunde nahe, Grosz’ Aufzeichnungen als Zeugnis eines Migrationsdeliriumszu lesen – als Zeugnis eines Wahns also, der in der Migration sein Material, seine Formen und Themen findet. Hiermit knüpfe ich an ähnlich gelagerte Begriffsfügungen an, wie etwa jene vom „Migranten-Wahn“, die die Medizinhistoriker Stefan Wulf und Heinz-Peter Schmiedebach geprägt haben: „Durch diese begriffliche Koppelung soll das Durchlaufen differenter kultureller, sprachlicher und politischer Räume als konstitutiver Zusammenhang für die Entstehung und Gestaltung dieser besonderen Formation des Wahns hervorgehoben werden.“[20] Und schon die zeitgenössische Psychiatrie um 1900 hat vermutet, dass die Strapazen der Migration Wahnerkrankungen Vorschub leisten können. Der Budapester Psychiater Ladislaus Epstein hat hierfür im Jahr 1914 den Begriff der „Auswandererpsychose“ geprägt: „Die mit der Auswanderung zusammenhängenden inneren und äußeren Umstände […] führen die Psychose herbei.“[21] Deren Wahnideen, so schreibt er, hätten „häufig persekutorischen Charakter“.[22]

Migrationsdelirium sind die Aufzeichnungen von Grosz beispielsweise dort, wo die massenhafte Dislozierung von Menschen Grosz in biopolitische Sorge versetzt, die im Schreckbild der Entvölkerung kulminiert: „Viele Leute werden zur Auswanderung veranlasst, […] so wird Galizien systematisch entvölkert.“ (G 40) Migrationsdelirium sind Grosz’ Aufzeichnungen auch dort, wo sie die Konfusion nationaler und die Entstehung hybrider Identitäten verhandeln; so berichtet Grosz etwa über einen seiner Verfolger: „Er hat mir in East-Pittsburg einen Polizisten an den Hals geschickt + mich als American German bezeichnet, der mich aber da ich der austrian German war in Ruhe liess. Er war es auch, der […] das Patent-Amt fälschlich verständigte, dass man statt Austrian Citicen […] die Änderung in American Citicenvornahm + mir eine Unannehmlichkeit bereitete […].“ (G 24) Im Gewirr der Bindestrich-Identitäten – um 1900 hatte sich in den USA der abwertende Begriff vom hyphenated American eingebürgert – wird die Staatsbürgerschaft fraglich und der Kontakt zu Instanzen der Staatlichkeit, seien es nun Polizisten oder Patentämter, zum Problem.

Nicht zuletzt sind Grosz’ Aufzeichnungen Migrationsdelirium auch und vor allem deshalb, weil sie als penible Chronik einer Irrfahrt und Flucht zuallererst eine Bewegung nachzeichnen:

Da ich meines Lebens in East-Pittsburg nicht mehr sicher war + diese Mörder fortwährend gegen mich hetzten, so entschloss ich mich von East-Pittsburg zu flüchten. Ich gieng fort an einem Montag circa um den 7 Juli 1911 zur Mittagstunde ohne zu sagen wohin + gieng zu Fuss über Nord-Braddock, Braddock nach Homestead + von da mit der elektrischen Straßenbahn nach Mc Keesport. (G 20)

Der Verlauf von Grosz’ Irrfahrt, obwohl a-chronologisch erzählt, lässt sich dennoch lückenlos aus dem Text rekonstruieren: Im Juli 1910 geht es von Knoxville in East-Pittsburgh über Harrisburg und Brooklyn zurück nach East-Pittsburgh. Im Juli des darauffolgenden Jahres geht es von Knoxville über Harris­burg über McKeesport über Washington über New York über Hoboken über die Bowery über Coney Island über Shelter Island über New Jersey in die Bronx. Im Dezember 1911 erfolgt die Deportation von Central-Islip in New York, es geht über den Atlantik zunächst nach Hamburg, dann nach Breslau, bis die Reise in Troppau endet.

Über weite Strecken sind Grosz’ Aufzeichnungen nicht viel mehr als die Beschreibung und Auflistung von Reiserouten und Fluchtwegen, etwa wenn Grosz genau verzeichnet, wie er „den Iron City Express 11 Uhr 32 Minuten abends benutzte“ (G 18). Die Räume, die Grosz dabei durchquert und in denen seine Paranoia ihren Lauf nimmt, sind gekerbte, trassierte, von Eisenbahn- und Dampferlinien durchzogene Räume der Bewegung und des Transits.[23] Die sichere Passage ist jedoch permanent gefährdet: schließlich geschähen „massenhaft Morde auf Eisenbahnen“ (G 33), oft genug säßen die Mörder „in demselben Zug wie ich“ (G 65) oder gar „mit mir in demselben Cuppée“ (G 48). Grosz’ Reise ist also weniger Passage denn Parcours, ein Parcours, der über Unwägbarkeiten und Katastrophen führt. Auch und gerade für Grosz’ paranoide Reise-Chronik gilt, was der französische Philosoph Michel Serres mit Bezug auf griechische Mythen und französische Literatur festgestellt hat: Stets geht es „um den Raum, es geht um den Parcours. […] Das formal Invariante ist so etwas wie ein Transport, eine Irrfahrt oder Reise durch räumlich getrennte Mannigfaltigkeiten.“[24]

In der Irrenanstalt, wo Grosz’ Irrfahrt als äußere Bewegung stillgestellt wird, transformiert sie sich in einen Schreibfluss, der weiterhin der sperrigen Logik des Parcours folgt. Die Aufzeichnungen sind ein form- und maßloses Textungetüm, Produkt eines Schreibens, das nie zu irgendeinem Punkt kommt, sondern immer weiter gehen muss, das immer noch einen Verdacht äußern muss. Das Erzählverfahren ist ein akkumulatives. Festmachen lässt sich dies an typischen Satzanfängen wie „Ich muss noch erwähnen“, „Ich muss noch schreiben“, „Ich habe noch zu sagen“, aber auch an den vielen Parenthesen und Einschüben, die Grosz’ Text an die Grenzen der Lesbarkeit treiben. Das akkumulative Erzählverfahren und eine parataktische Syntax im Zeichen des mathematischen Operators ‚+’ organisieren die Verkettung von Disparatem und unterstellen den Text jener „Logik des UND“, die Deleuze und Guattari als Kennzeichen rhizomatischen Schreibens ausmachen: „Es hat weder Anfang noch Ende, aber immer eine Mitte, von der aus es wächst und sich ausbreitet.[25]

Alle diese Elemente fügen sich in Grosz’ Aufzeichnungen zu einer Poetik des para, einem Schreiben der parataktischen Beiordnungen und endlosen Aufzählungen. Das Resultat ist ein ungeheures Wuchern von Motiven, Figuren und Schauplätzen. Alles wird wiederholt, alles existiert mehrfach und potenziert: „Der Bennesch Franz hat 5 Brüder […]. jeder der Doppelgänger ist vielleicht ein Bruder, vielleicht hat jeder Doppelgänger wieder einige Brüder, was ich eben nicht weiss.“ (G 45) Was sich an Stellen wie diesen im Text abbildet, ist jenes „imaginäre Gewimmel“, jene „imaginäre Wucherung“, die Lacan zufolge in der Psychose an die Stelle symbolischer Vermittlung tritt.[26]

Vermittlungswahn

 Die symbolische Vermittlung ist nicht die einzige, die beim Paranoiker Grosz gestört läuft. Denn seine Aufzeichnungen beschreiben eine Welt voller Unfälle und Unterbrechungen, eine Welt der totalen Störung. Grosz’ Migrationsdelirium ist in diesem Sinne zugleich Vermittlungswahn und sein Manuskript nicht zuletzt ein Text über parasitäre Verhältnisse. „Parasitär“ verwende ich hier im Anschluss an Michel Serres in einem spezifisch mehrdeutigen Sinn. Serres theoretisiert den Parasiten, den Mitesser, der abzweigt, abschöpft, unterbricht und unterschlägt, allgemeiner als Figur eines Dritten, das interveniert und dazwischentritt – kurz: als Figur der Vermittlung. Der Parasit, schreibt Serres, ist stets mittelbar, er „hat Beziehung zur Beziehung, er hat Bezug zum Bezug; er ist dem Kanal aufgepfropft.“ [27]

Es sind genaue solche parasitären Verhältnisse, gleichermaßen Abschöpfung wie Vermittlung, die im Zentrum von Grosz’ Aufzeichnungen stehen, etwa wenn Grosz die Verbrecherbande als Aktionäre einer deutschen Gesellschaft identifiziert, die es auf „Erz, Kohle“ (G 54) und „Erbschaften abgesehen“ (G 59) haben, und darüber hinaus behauptet, dass die Bande „mit Auswanderungsbureaus in Verbindung“ (G 59) steht und die Auswanderungsströme zwischen Europa und Amerika kontrolliert: „Viele Auswanderer von Österreich-Ungarn aus Galizien werden durch Helfershelfer dieser Bande nach Amerika geschafft + mit falschen Papieren versehen. Sie sind auch Schiffahrts-Actionäre glaube auch von der Urania Gesellschaft in Rotterdam.“ (G 39)

Die Bande fungiert also als Vermittlungs- und Übertragungsmacht, die für den Transport der Auswanderer verantwortlich ist, sie übt eine parasitäre Funktion aus: „Die Tätigkeit des Parasiten besteht darin, sich an die Beziehungen heranzumachen. Er macht sich instinktiv an die Vermittlungen heran und besetzt alles.“[28] In diesem Sinne „besetzt“ sind nicht nur der transatlantische Interkontinentalverkehr, sondern auch das galizische Post- und Eisenbahnwesen, das Grosz ebenfalls in den Händen der Bande weiß.[29] So würden die Mörder versuchen,

mich auf der Reise nach Bielitz + eventuell meine Eltern zu ermorden […] Sie haben vielleicht einen Conducteur + auf einer kleineren Station einen Unterbeamten in ihren Diensten, der ihnen Vorschub leisten soll. Es ist möglich, dass sie die eine Strecke sperren, indem sie an dem Gleiß der 2 Strecke etwas verderben, oder irgend eine Weiche falsch einstellen lassen, da sie eben ihre Leute auch bei der Bahn untergebracht haben. (G 56)

Der postalische Verkehr läuft für Grosz darüber hinaus ähnlich gestört wie der öffentliche, da „auch Postbeamte“ und falsche Briefträger „in Diensten der Bande“ (G 39) stehen: „Diese Mörder fälschen alle Briefe, die ich schreibe + die meine Eltern schreiben, damit ich nicht mit ihnen richtig verkehren kann […]. Alle mich angehenden Correspondenzen werden gefälscht oder nicht abgeschickt resp. unterschlagen.“ (G 46)

Zusammenfassend lässt sich sagen: Im Zentrum von Grosz’ Wahn steht die Frage der Vermittlung. Aufgerufen sind damit keineswegs nur technische Medien, wie etwa Telefon oder Telegrafie, die an einigen Stellen im Manuskript auftauchen (vgl. G 56).[30] sondern vielmehr unterschiedliche Instanzen der Vermittlung, die von Verkehrsmitteln über Infrastrukturen bis hin zu menschlichen Mittlern reichen. Grosz beschreibt Post, Eisenbahn, Dampfer und Atlantik­linien als allesamt in den Händen der Bande liegend, die sich darüber hinaus weiterer „Mittel­personen“ (G 34), „Stellenvermittlungsbureaus“ sowie „Kuppler + Kupplerinnen“ (G 38) zu bedie­nen weiß. Wichtig ist, dass Vermittlung bei Grosz prinzipiell nur als gestörte erscheint, kurz: als parasitär besetzte: alle Briefe werden gefälscht oder unterschlagen, alle Strecken und Wege per Bahn oder Schiff gefährdet und manipuliert. Aber gerade indem Grosz’ Text immer wieder Unfälle und Unterbrechun­gen, also gescheiterte Übertragungen thematisiert, werden Vermittlungsverhältnisse über­haupt sichtbar: „Wenn die Beziehung glückt, perfekt, optimal, unmittelbar, dann hebt sie sich als Beziehung auf. Wenn sie da ist, existiert, so weil sie misslungen ist. Sie ist nur Vermittlung.“[31] Vermittlung, so könnte man im Anschluss an Serres sagen, ist nur als scheiternde zu haben; und als genau solche wird sie auch in Grosz’ Aufzeichnungen wieder und wieder thematisiert.[32]

Dass aber Grosz’ Delirien darüber hinaus ihren genauen historischen Ort haben und auf ganz bestimmte historische Vermittlungspraktiken referieren, wird deutlich, wenn man sich die Geschichte der galizischen Auswanderung nach Amerika anschaut. Tatsächlich ist Grosz’ Vermittlungswahn nämlich nicht aus der Luft gegriffen, sondern beschreibt vielmehr geradezu präzise die vermittlungstechnischen, das heißt: die medialen Bedingungen dieser Auswanderungsbewegung – wobei ich „medial“ hier wiederum in einem weiten Sinne verwende, der Infrastrukturen und menschliche Mittler miteinschließt: Eines der wichtigsten Zwischenglieder transatlantischer Migration bildeten um 1900 sogenannte Auswanderungsagenturen, die, wie ich im Folgenden argumentiere, das realhistorische Substrat von Grosz’ Wahnideen darstellen.

Die massenhafte Emigration aus Galizien, das als Armenhaus der österreichisch-ungarischen Monarchie galt, setzte erst relativ spät ein, ab 1890, dann aber umso massiver: zwischen 1881 und 1910 verließen 10% der Bevölkerung Galizien in Richtung Amerika.[33] Das Schreckgespenst von der Entvölkerung Galiziens, das Grosz an die Wand malt, scheint damit zwar noch nicht gerechtfertigt, aber auch nicht mehr vollkommen abwegig. Noch wichtiger für die Kontextualisierung von Grosz’ Wahn ist, dass die galizische Auswanderung nach Übersee mit Hilfe von Auswanderungsagenturen operierte. Dies ist zeitgenössischer Begriff, der beispielsweise auch in Franz Kafkas Romanfragment Der Verschollene auftaucht, das zwischen 1911 und 1914 entstanden ist (also in etwa zeitgleich mit Grosz’ Aufzeichnungen); so heißt es bei Kafka, dass der Protagonist Karl Rossmann auf seiner Transatlantikpassage „die unverständliche[n] Prospekte der Auswanderungsagenturen zu entziffern“[34] versucht. Diese Auswanderungsagenturen spielten eine wichtige, wenn auch heute wenig bekannte Rolle für die transatlantische Migration um 1900. Sie waren zuständig für die Vermittlung von Auswanderer an die Schifffahrtsgesellschaften, die naturgemäß nicht in Galizien, sondern in den großen Hafenstädten wie Hamburg und Bremen ansässig waren. Im Interesse dieser Gesellschaften war nicht nur, den Auswanderer möglichst schon in der galizischen Heimat Tickets für die Schiffspassage zu verkaufen, sondern auch, potentielle Auswanderer aktiv anzuwerben; hierfür waren Vermittler vor Ort nötig. So entwickelte sich ein komplexes Agenten-System, das ein Krakauer Rechtsanwalt namens Dr. Leopold Caro in einer 1909 veröffentlichten Studie genau beschrieben hat: jeder Expedient, d.h. jeder Reeder oder Beförderer, ernannte mehrere Hauptagenten, die dann „Subagenten“ engagierten, die wiederum weitere „Zutreiber“ beschäftigten.[35] Auf diese Weise entstand ein dichtes Netzwerk von Agenten, in Galizien allein arbeiteten um 1900 etwa fünf- bis sechstausend von ihnen.[36] Wenn also Grosz behauptet, „[s]ie veranlassen viele Leute auszuwandern + haben ihre Agenten in Schlesien“ (G 59), dann beschreibt das schlicht die Realität des zeitgenössischen Auswanderungsagentenwesens in Österreich-Ungarn.

Aber die Beziehungen zwischen Wahn und Wirklichkeit reichen weiter. Einer der berühmtesten Auswanderungsagenten war der Bremer Kaufmann Friedrich Missler, der für die Norddeutsche Lloyd arbeitete. Missler – ein Mittler – beschäftigte ein Heer von Subagenten und warb in Galizien massiv um Auswanderer. Ein Missler unter Verdacht taucht auch bei Grosz auf – „vielleicht war es der Missler“, notiert er, und vermerkt, der Missler sei „Locomotivführer der Nordbahn“ (G 22). Dass an dieser Stelle die ‚Nordbahn’ die Norddeutsche Lloyd ersetzt und der ‚Locomotivführer’ den Auswanderungsagenten, läge immerhin im Bereich des Möglichen und der metonymischen Verschiebung, die Lacan zufolge den psychotischen Diskurs ohnehin beherrscht.[37]

Gleichzeitig sind mit den Auswanderungsagenturen genau jene parasitären Verhältnisse aufgerufen, die Grosz’ Wahn grundlegend strukturieren. So waren die Agenten konstitutiv für die Beförderung von Millionen von Emigranten, gleichzeitig aber galten sie als profitsüchtige Nutznießer, die „mitnaschen [wollen] am großen Geschäft mit der Auswanderung nach Übersee.“[38] Da die Agenten für jeden beförderten Auswanderer Provision erhielten, wurde ihnen unterstellt, mit unlauteren Mitteln für die Auswanderung zu werben. Großes Aufsehen erregte in diesem Zusammenhang ein Gerichtsprozess in der Kleinstadt Wadowice, der 1889/90 gegen eine in Oświęcim (Auschwitz) ansässige Hapag-Agentur geführt wurde (und es ist durchaus möglich, dass der damals noch in Bielitz-Biala lebende Grosz diesen Prozess mitbekommen hat: Wadowice liegt nur knapp 40 Kilometer von Bielitz entfernt, ebenso wie Oświęcim). Der Agentur wurde vorgeworfen, systematisch Gesetze zu umgehen und Beamte zu bestechen. Auch für Leopold Caro stellen dieAkten dieses „berühmten Wadowicer Monsterprozesses“ die Hauptquelle dar, um das „Treiben“ und „die Tricks der Auswanderungsagenten“ zu beschreiben.[39]

Angesichts dieses „Monsterprozesses“ liegt die Überlegung nahe, dass die Auswanderungsagenten auch auf Seiten des Staates und der Verwaltung gehörig Paranoia produziert haben – „Staatsparanoia“, wie man mit einem Begriff der Germanistin Eva Horn sagen könnte.[40] Das mag damit zu tun haben, dass im Zuge der großen Migrationsströme eben Privatunternehmen wie Reedereien und Auswanderungsagenturen über Staatsgrenzen hinweg operierten und eine ganze Reihe von exterritorialen Räumen schufen (Züge, Schiffe, Transitstationen), die die Souveränität der Territorialstaaten zu unterwandern drohten. Es stellt sich heraus, dass Grosz’ paranoide Befürchtungen – die Bande beschäftige Bahnangestellte und Conducteure – nichts anderes artikulieren als das, was 1890 im Prozess gegen die Hapag-Agentur höchstrichterlich festgestellt wurde: „Eine Reihe von Bahnbeamten, Portiers und Kondukteuren, ebenso wie Finanzwachleute, Gendarmeriepostenführer und Zollbeamte standen im Dienste der mächtigen Agentur“, fasst der Jurist Caro zusammen.[41] Ganze zwölf Schaffner der k.k. Staatsbahn wurden in Wadowice dafür verurteilt, Auswanderer mit Gewalt und Zwang der Hapag-Agentur zugeführt zu haben. Ob Beamtenbestechung, Brieffälschung oder Mädchenhandel – sämtliche Vorwürfe, die Grosz seiner Mörderbande gegenüber erhebt, beschreibt der Jurist Caro in seinem Resümee des Wadowitzer Prozesses als gängige Machenschaften der Auswanderungsagenten. Vor diesem Hintergrund erscheint Grosz’ Aussage, „diese Mörder Commandeure sind überall thätig + haben die ganze Welt corruptiert […] + seine Agenten alles Verbrecher“ (G 39), mindestens so welthaltig wie wahnsinnig. Auf eben diese Weise, welthaltig-wahnsinnig, erzählt Grosz’ Vermittlungswahn von den Auswanderungsagenturen, ohne deren Mittlertätigkeiten die breite transatlantische Migration um 1900 nicht hätte stattfinden können.

Kartographie

Grosz’ paranoisches Mittler- und Migrationsdelirium erweist sich als Besetzung eines politischen Feldes, dessen Dynamiken von transnationalen, grenzüberschreitenden Bewegungen mitbestimmt werden. Das schlägt sich in den Aufzeichnungen nieder, die Grosz in der Troppauer Anstalt anfertigt; minutiös führt er die einzelnen Stationen seiner Flucht auf, listet mit topographischem Furor Orte und Länder auf, beschreibt detailliert Reiserouten und Fluchtwege. Man könnte daher im Falle dieser paranoischen Aufzeichnungen von einem kartographischen Schreiben[42] sprechen und dies umso mehr, als der Rede vom Kartographieren hier nicht nur metaphorische Bedeutung zukommt: Grosz hat dem Text seiner Aufzeichnungen drei selbst gezeichnete Karten beigefügt und somit im wortwörtlichen Sinne kartographiert.[43]Dreimal gibt es in Grosz’ Aufzeichnungen den Sprung vom Schreiben zum Zeichnen, vom Sagen zum Zeigen – für einen technischen Zeichner wie Grosz durchaus naheliegend.

Die kartographischen Skizzen, die Grosz’ schriftliche Aufzeichnung supplementieren, sind integraler Bestandteil seiner paranoischen Ermittlung, denn sie verzeichnen die Wohn- und Aufenthaltsorte jener, von denen er sich verfolgt wähnt. Eine erste Karte stellt etwa eine Farm bei New York dar, auf der Grosz eine Zeit lang gearbeitet hat (siehe Abb. 2). Die Rechtecke zeigen Ställe, Schuppen und Scheunen an, oben in der Mitte sieht man angedeutet ein paar Bäume. Unter der Skizze steht: „Als ich in Shelter Island als Farmer arbeitete, war auch ein Mörder um dieselbe Zeit in Arbeit.“

Abb. 2: Anton Wenzel Grosz: Kartographische Skizze einer Farm auf Shelter Island bei New York, Ausschnitt, Franz-Jung-Archiv, Signatur Jung 1260.

Eine zweite Karte zeigt ein Viertel in Pittsburgh, wo Grosz im Sommer 1911 lebte. „Zur selben Zeit wohnten auch mehrere Mörder in East-Pittsburg,“ (G 18) schreibt Grosz dazu (siehe Abb. 3). Die Karte wirkt auf den ersten Blick unübersichtlich, die schraffierten Rechtecke stellen Häuser dar, ins Auge fallen vor allem die wild geschwungenen Pfeile, die bildliche Darstellung und schriftliche Erläuterungen miteinander verknüpfen. Rechts unten steht: „Hier wohnte ein Mörder. Karl Russ“, links steht „Hier wohnte im second floor ein Mörder“, gleich rechts daneben: „Möglich dass auch hier ein Mörder wohnte“.

Abb. 3: Anton Wenzel Grosz: Kartographische Skizze eines Wohnviertels in Pittsburgh, Ausschnitt, Franz-Jung-Archiv, Signatur Jung 1260.

Dass die Mörderbande nicht nur Amerika, sondern auch in Europa aktiv ist, behauptet schließlich eine dritte Karte, die das Gelände der Irrenanstalt Troppau darstellt (siehe Abb. 4). Diese Karte ist größer als die ersten beiden, auch sie ein Hybrid aus Bild und Schrift, „Männer-Seite“ steht in ihrem oberen Teil notiert, „Frauen-Seite“ im unteren. Auch hier sieht man schraffierte Kästchen, die die unterschiedlichen Pavillons der Anstalt repräsentieren, etwa ein Küchengebäude, eine Kapelle, ein Siechenhaus. Die gestrichelten Linien stellen unterirdische Gänge, Kanäle und Katakomben dar: „Ich gebe hier eine Situation der unterirdischen Gänge die sich hier unter dem Territorium der Irrenanstalt hinziehen,“ schreibt Grosz und ergänzt: „Diese Schurken sitzen alle unter der Erde der Troppauer Irrenanstalt…hier durch diese Canäle beleuchten sie mich mit Röntgen-Strahlen + Radium-Strahlen.“ (G 41)

Abb. 4: Anton Wenzel Grosz: Kartographische Skizze der Irrenanstalt Troppau, Franz-Jung-Archiv, Signatur Jung 1260.

Dass an dieser Stelle ausgerechnet Röntgen-Strahlen als Werkzeuge der Verfolger auftauchen,[44] von denen Grosz sich buchstäblich durchschaut wähnt, legt nahe, Grosz’ Paranoia als Irritation zu begreifen, die sich auch und vor allem auf dem Feld des Sehens und der Sichtbarkeit abspielt, als Irritation, der das Feld des Sehens zum Raum der Gefahr wird, die die einfache Gegebenheit von Sichtbarkeiten hinterfragt und beständig Latenzen postuliert.[45] Wie lassen sich vor diesem Hintergrund Grosz’ eigene Bildpraktiken und Visualisierungsstrategien, seine Karten und Lagepläne verstehen? Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Zugänge zu Grosz’ Kartographie vorgestellt, die das Verhältnis zwischen paranoischem Schreiben und Zeichnen und die Funktionsweise dieser Karten beleuchten sollen. Eine erste Annäherung besteht darin, die diskursiv-epistemologischen Möglichkeits­bedingungen von Grosz’ kartographischer Ermittlungsarbeit zu bestimmen. Das ist nicht allzu schwierig – zu den Besonderheiten des Falls Grosz gehört nämlich, dass sich unter seinen Troppauer Mitpatienten ein Namensvetter mit renommierter Verwandtschaft befand: Zeitgleich mit Anton Grosz war, wie eingangs erwähnt, Otto Gross in Troppau interniert, Psychoanalytiker, Anarchist und Morphinist – und zugleich Sohn des berühmten Grazer Kriminologen Prof. Dr. Hans Gross.[46] Die Spielregeln, nach denen Grosz’ paranoische Kartographie funktioniert, lassen sich nun einfach nachlesen im wichtigsten Werk des Kriminologen Gross, im Handbuch für Untersuchungsrichter.[47]

Dieses Handbuch, das erstmals 1893 veröffentlicht und bis in die späten 1970er Jahre immer wieder neu aufgelegt wurde, versteht sich als praktischer Ratgeber in Sachen Ermittlungsarbeit und enthält ein ganzes Kapitel mit dem Titel Das Zeichnen und Verwandtes. Das Zeichnen zum Zwecke der Tatortdarstellung wird hier als die „für den UR. [Untersuchungsrichter] notwendigste Fähigkeit“ bestimmt, denn ein „mächtige[r] Stoss von Protokollen“ biete oft „nicht soviel Aufklärung“ wie „eine einzige Skizze“. Es erleichtere die Tätigkeit des Untersuchungsrichters ungemein, „wenn er nicht mühsam herumbeschreiben muss, was sich mit leichter Arbeit hätte technisch darstellen lassen.“[48] Im Sinn hat Gross dabei eine ganz bestimmte „Art zu skizzieren, wie wir sie brauchen“, nämlich die Herstellung einfacher Skizzen etwa vom Inneren eines Hauses oder seiner Umgebung. In den meisten Fällen genüge dabei das „sogenannte Kroki“ – also eine simple Überblicks- und Geländezeichnung, die „lediglich nach dem Augenmasse gemacht“ und „von einem weiteren Gesichtspunkt aus aufgenommen“ wird.[49] Mit diesen Ausführungen im Handbuch für Untersuchungsrichterist nicht nur treffend die Rationalität von Anton Grosz’ Kartographie beschrieben; näher bestimmt wird durch sie auch Grosz’ Kartentyp, sein spezifisches kartographisches Verfahren: Grosz macht Krokis, er krokiert.

Darüber hinaus spielen Karten im Handbuch für Untersuchungsrichter eine Rolle, wenn erklärt wird, wie man sich als Ermittler durch die Welt zu bewegen hat. Der Untersuchungsrichter darf nicht einfach so

„spazieren gehen“, d.h. gedankenlos daherbummeln und sich harmlos freuen an Gottes schöner Welt; jeder Weg zur Erholung oder im Dienste muss mit der Generalstabskarte in der Hand gemacht werden, jeder Weg, jede Flur, jedes Wässerchen…ist auf der Karte aufzusuchen und der Name dem Gedächtnisse einzuprägen. […] Von Wichtigkeit sind ferner alle Verbindungen im Bezirke: Hauptstrassen, Chausseen, Strassen, Wege, Steige, Brücken, Fähren, Furten, Übergänge u.s.w. Die Orientierung hierüber ist nicht schwer, da man ja nur den begangenen Weg auf der Generalstabskarte nachzusehen und zu notieren braucht, ob er richtig verzeichnet ist, was im grossen und ganzen der Fall sein wird. Bei dieser Gelegenheit wird der UR. auf seiner Karte auch sonstige Veränderungen verzeichnen: Neubauten, Auflassungen, Änderungen in den Kulturen, den Wasserläufen u.s.w., kurz seine Karte muss stets auf dem l e t z t e n Stande erhalten werden.[50]

Der permanente Abgleich von Karte und Territorium soll ein „Orientiertsein“ ermöglichen, das Bedingung für die eigentliche Aufgabe des Kriminalisten ist, die Spurensicherung: „Der eifrige UR. wird … bei jedem Spaziergange Fusspuren verfolgen, die er im Staube … findet; … weggeworfene Papierstückchen, Verletzungen an Bäumen, weggehobene Steine … – alles kann dem UR. Anlass geben, daran Kombinationen zu knüpfen und zu trachten, sich das Vorausgegangene zu erklären.“[51]

An diesem Punkt wird deutlich, dass paranoische und kriminalistische Ermittlung um 1900 nicht nur eine kartographische Praxis gemein haben, sondern auch einen bestimmten Zeichengebrauch. Die Haltung des Kriminologen, prinzipiell alles als potenziell bedeutsames Zeichen wahrzunehmen, hat ihr Echo in der Hypersemiose des Paranoikers.[52] Sichtbar wird die etwa dort, wo Grosz alltägliche Gesten als Elemente einer geheimen Zeichensprache der Mörderbande identifiziert:

Der Hut wird abgenommen + unter verschiedenen Gesten aufgesetzt, hineingesehen, draufgesehen, schief aufgesetzt oder gedreht am Kopfe. Beim Schneuzen der Nase wird das Taschentuch verschieden gefaltet + eingesteckt in verschiedene Taschen. jede Bewegung, jede Tasche hat eine eigene Bedeutung. das Halten der Arme, Kreuzen vor der Brust, rückwärts halten…hat Bedeutung. (G 35)

Die Psychiatrie um 1900 hat solche semiotischen Exzesse mit dem Begriff „délire d’interprétation“[53] belegt, letztlich aber unterscheidet sich der Deutungswahn des Paranoikers nur graduell von dem des Kriminologen. Beiden erscheint Wirklichkeit als Verweiszusammenhang, der entziffert werden muss, beide operieren im Rahmen einer Episteme, die sich auf den Begriff „Indizienparadigma“ bringen lässt: In der Definition von Carlo Ginzburg eine „Methode der Interpretation, die sich auf Wertloses stützt, auf Nebensächlichkeiten, die jedoch für aufschlussreich gehalten werden.“[54] So kann der gesamte Alltag dem Kriminologen zum Ausgangspunkt für die Einübung eines detektivischen Blicks werden, der, ausgehend von Details und mit der Generalstabskarte in der Hand, unablässig Kausal­zusammenhänge herzustellen sucht. Das „alltägliche, gemeine[] Leben“ ist dabei stets so zu betrachten, als habe ein Verbrechen stattgefunden: Damit erweist sich das Handbuch für Untersuchungsrichter als Programmschrift zu einer systematischen Paranoisierung des Weltverhältnisses.

Grosz’ Karten verweisen also einerseits auf die geteilte Episteme von Paranoia und Kriminologie um 1900. Damit aber scheinen diese Karten noch nicht hinreichend erfasst, ich möchte einen zweiten Zugang vorschlagen. Denn wenn auch dem k.u.k. Kriminologen Gross Karten als Königsweg zum „Orientiertsein“ gegolten haben mögen, so hat Deleuze sie doch auch als Königsweg zum Unbewussten bestimmt – zu einem Unbewussten allerdings, das nicht um ödipale Konflikte kreist, sondern „historisch-welthafte Bahnen“ zieht. Deleuze zufolge gibt es eine „kartographische Aktivität des Unbewussten“, mit der die Psychoanalyse nie etwas anfangen konnte. Deren archäologischer Konzeption des Unbewussten setzt er eine kartographische Konzeption entgegen: „Das Unbewusste hat nicht mehr mit Personen und Objekten zu tun, sondern mit Wegen und Werden; es ist kein Unbewusstes des Eingedenkens mehr, sondern eines der Mobilisierung,“ schreibt er.[55]

Für Grosz’ kartographierende Paranoia scheint das eine treffende Beschreibung zu sein. Tatsächlich verzeichnen Grosz’ Karten immer wieder Straßen und Wege: „Dynamo-Avenue“ Ecke „Electric avenue“ heißt es in der Karte von East-Pittsburg – wenn das nicht mobilisiert ist. Auch die Anstaltskarte verzeichnet, mit Hilfe einer Vielzahl durchbrochener Linien, unterirdische Gänge und Tunnel, die Anstaltsgebäude miteinander verbinden und aus der Anstalt hinausführen: „Diese Gänge gehen bis nach Preussen, vielleicht Branitz, Deutsch Krawarn, Hoschitz, dann über Wawrowitz, dann nach Grätz + weiter in das Mährische.“ (G 68) Grosz’ Anstaltskarte entwirft damit eine phantasmatische Anstaltstopographie, die die realen räumlichen Disziplinierungsstrategien der Anstalt Troppau systematisch-paranoisch unterläuft. Diese Disziplinierungsstrategien haben die geregelte Verteilung von Individuen auf segmentierte Räume zum Ziel: „Es geht gegen die ungewissen Verteilungen, gegen das unkontrollierte Verschwinden von Individuen, gegen ihr diffuses Herumschweifen, gegen ihre unnütze und gefährliche Anhäufung“, schreibt Foucault.[56]So organisiert die disziplinäre Raumordnung der Anstalt einen analytischen und parzellierten Raum, der sich an einer „offiziellen“ Karte der Anstalt Troppau gut ablesen lässt (siehe Abb. 5). Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang die grundlegende Aufteilung der Troppauer Anstalt in einen Männer- und einen Frauenteil sowie die Einrichtung jeweils gesonderter Pavillons für „Unruhige“, „Sieche“ und Kranke mit lediglich „leichten Geistesstörungen“.[57]

Abb. 5: Lageplan der Irrenanstalt Troppau, aus: Ernst Böck: Die schlesische Landesirrenanstalt zu Troppau, in: Heinrich Schlöss: Die Irrenpflege in Österreich in Wort und Bild, Halle 1912, S. 276-296, hier S. 277.

Im Gegensatz dazu entwirft Grosz kartographisch die Anstalt als einen Raum der vielfältigen Konnexionen, als einen Raum, in dem Segmentierungen aufgehoben und Bewegungen möglich sind und der in alle Richtungen offen ist: „Nach Karlsau“, „Nach Hoschitz“, „Gang zur Schellenburg“ (G 51), heißt es in den Beschriftungen der Wege-Linien. Anders gesagt: Während er selber durch die disziplinäre Raumordnung der Anstalt platziert und stillgestellt wird, treibt Grosz auf dem Papier ein veritables Rhizom hervor.[58] Seine Anstaltskarte konstruiert ein azentrisches, nicht-hierarchisches System, das weniger aus Punkten denn aus wuchernden Linien besteht; sie entwirft eine Fluchtarchitektur mit vielen Ein- und Ausgängen. So erobert sich Grosz’ kartographierendes Migrationsdelirium auf dem Papier jene Freiheit oder zumindest Auswege, Fluchtlinien, die ihm realiter versperrt blieben. Ob er die Anstalt vor seinem Tod noch einmal verließ und wann er starb, ist unbekannt. Seine weiteren Spuren verlieren sich, kein Archiv hat sie bewahrt.

 

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[1] Die Anstalt Troppau war 1898 eröffnet worden, auf einem Gelände von 35 Hektar. Im Jahr 1911 gab es 980 Patienten, 6 Ärzte, 67 Schwestern und 75 Pfleger. Siehe Hans Laehr: Die Anstalten für Psychisch-Kranke in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den baltischen Ländern, Berlin 1912, S. 18.

[2] Franz Jung: Akzente II, in: Grosz/Jung/Grosz, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann, Berlin 1980, S. 241-245, S. 241.

[3] Michel Foucault: Das Leben der infamen Menschen, in: ders.: Schriften zur Literatur, Frankfurt/Main 2003 [1977], S. 314-335.

[4] Franz Jung: Akzente II, in: Grosz/Jung/Grosz, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann, Berlin 1980, S. 241-245, hier S. 241ff.

[5] Anton Wenzel Grosz: Aufzeichnungen 1913/1914, Handschrift, Archiv der Akademie der Künste/Franz-Jung-Archiv, Signatur Jung 1260.

[6] Vgl. etwa Thomas Weitin und Burkhardt Wolf (Hrsg.): Gewalt der Archive. Studien zur Kulturgeschichte der Wissensspeicherung, Konstanz 2012.

[7] Siehe Website der Akademie der Künste, online unter: www.adk.de/de/archiv/, letzter Zugriff 29.9.2021.

[8] Vgl. Anton Wenzel Grosz: Aufzeichnungen 1913/14, in: Grosz/Jung/Grosz, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann, Berlin 1980, S. 11-71.

[9] Azzo [= Friedrich A.] Kittler: Um A.W.G., in: Grosz/Jung/Grosz, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann, Berlin 1980, S. 207-215. Hier S. 210 und 209.

[10] Friedrich A. Kittler: Aufschreibesysteme 1800/1900. München 2003 [1985], S. 361.

[11] Anna Tuschling: Deutungswahn und Wahnanalyse. Die Paranoia ein Medienapriori?, in: The Parallax View. Zur Mediologie der Verschwörung, hrsg. von Marcus Krause, Arno Meteling und Markus Stauff, München 2011, S. 89-104, hier S. 90, 104 und 102.

[12] Für weitergehende Hinweise hierzu vgl. Michael Hagner: Wahnsinn und Bibliophilie. Das erste Buch von Brinkmann & Bose. In: Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte (2016), H. 12: Wissen, ca. 1980, hrsg. von Nils Güttler, Margarete Pratschke und Max Stadler, S. 133–144 sowie Elena Meilicke: Paranoia und technisches Bild. Fallstudien zu einer Medienpathologie, Berlin 2021, S. 15-19.

[13] Vorlagen für einen solchen erweiterten Medien-Begriff liefern etwa die jüngere Kulturtechnik- und Infrastrukturforschung, aber auch Autoren wie Michel Serres.

[14] Emil Kraepelin: Psychiatrie. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte, Leipzig 1915, S. 1174. Vgl. auch Albert Behr: Über die schriftstellerische Thätigkeit im Verlauf der Paranoia, in: Sammlung Klinischer Vorträge, Nr. 134, 1895, S. 370-393.

[15] Für eine wissensgeschichtliche Aufarbeitung des psychiatrischen Paranoia-Diskurses um 1900 vgl. Wolfgang Schäffner: Die Ordnung des Wahns, München 1995 sowie ders.: Interpretationsdelirien und Aufschreibesysteme, in: Epochen/Krankheiten. Konstellationen von Literatur und Pathologie, hrsg. von Frank Degler und Christian Kohlroß, St. Ingbert 2006, S. 131-144.

[16] Vgl. Sigmund Freud: Psychoanalytische Bemerkungen über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia (Dementia paranoides) (1911), in: ders.: Studienausgabe, hrsg. von Alexander Mitscherlich, James Strachey und Angela Richards, Bd. VII, Frankfurt/Main 1997, S. 133-203 sowie Jacques Lacan: Die Psychosen. Das Seminar, Buch III (1955-1956), Weinheim 1997.

[17] Gilles Deleuze und Félix Guattari: Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I, Frankfurt/Main 1977 [1972], S. 72 und 114.

[18] Meine Zitatangaben beziehen sich auf die 1980 publizierte Buchausgabe des Manuskripts, vgl. Anton Wenzel Grosz: Aufzeichnungen 1913/14, in: Grosz/Jung/Grosz, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann, Berlin 1980, S. 11-71, hier S. 18. Im Folgenden unter der Sigle G direkt im Text zitiert. Grosz’ Orthographie habe ich in diesen und allen folgenden Zitaten unverändert übernommen.

[19] Stefan Rieger: Psychopaths electrified – Die Wahnwege des Wissens im Nothschrei eines Magnetisch=Vergifteten, in: Grenzgänge zwischen Wahn und Wissen. Zur Koevolution von Experiment und Paranoia 1850 – 1910, hrsg. von Thorsten Hahn u.a., Frankfurt/Main 2002, S. 151-172, hier S. 152.

[20] Stefan Wulf und Heinz-Peter Schmiedebach: Wahnsinn und Migration. „Normal“ und „verrückt“ als Phänomene der Passage, in: Am Rande des Wahnsinns. Schwellenräume einer urbanen Moderne, hrsg. von Volker Hess und Heinz-Peter Schmiedebach, Wien 2012, S. 149-174, hier S. 150.

[21] Ladislaus Epstein: Die überseeische Auswanderung unter irrenärztlichem Gesichtspunkt. (Mit besonderer Berücksichtigung der Auswanderung aus Ungarn.), in: Zeitschrift für die gesamte Psychiatrie und Neurologie, Nr. 26, 1914, S. 156-200, hier S. 196.

[22] Ebd., S. 183. Zu psychischen Erkrankungen bei transatlantischen Migranten um 1900 vgl. darüber hinaus Stefan Wulf und Heinz-Peter Schmiedebach: „Die sprachliche Verständigung ist selbstverständlich recht schwierig.“ Die „geisteskranken Rückwanderer“ aus Amerika in der Hamburger Irrenanstalt Friedrichsberg 1909, in: Medizinhistorisches Journal Nr. 43, 2008, S. 231-263.

[23] Für Hinweise auf ähnlich strukturierte Räume in August Strindbergs A Madman’s Defence (1893) vgl. Anna Westerstahl Stenport: Locating August Strindberg’s Prose. Modernism, Transnationalism, and Setting, Toronto 2010.

[24] Michel Serres: Diskurs und Parcours, in: ders.: Hermes IV. Die Verteilung, Berlin 1993, S. 206-221, hier S. 210.

[25] Gilles Deleuze und Félix Guattari: Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie, Berlin 2005 [1980], S. 41 und 36.

[26] Lacan: Die Psychosen, S. 105.

[27] Vgl. Michel Serres: Der Parasit, Frankfurt/Main 1987 [1980], S. 65.

[28] Serres: Der Parasit, S. 317.

[29] Dem Psychiater Epstein gelten um 1900 solche Ängste, die Verkehrs- und Fortbewegungsmittel involvieren, übrigens als typische Erscheinungsformen der von ihm so getauften Auswanderungspsychose: „Der Kranke beklagt sich, dass Detektive ihn verfolgen, dass auf der Eisenbahn und auf dem Schiffe die Reisenden in fremder Sprache sich gegen ihn verabreden […]. Räuber verfolgten ihn auf der Eisenbahn.“ Siehe Epstein: Die überseeische Auswanderung, S. 183.

[30] Zur Thematisierung technischer Medien in paranoischen Delirien um 1900 vgl. Martin Stingelin: Gehirntelegraphie. Die Rede der Paranoia von der Macht der Medien 1900. Falldarstellungen, in: Arsenale der Seele: Literatur- und Medienanalyse seit 1870, hrsg. von Friedrich A. Kittler und Georg C. Tholen, München 1989, S. 51-69.

[31] Serres: Der Parasit, S. 120.

[32] Für eine weitergehende Diskussion von Paranoia als Medienpathologie, die Verhältnisse von Vermittlung, Übertragung und Speicherung thematisiert und diskursiviert, vgl. Meilicke: Paranoia und technisches Bild.

[33] Hans Chmelar: Höhepunkte der österreichischen Auswanderung. Die Auswanderung aus den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern in den Jahren 1905-1914, Wien 1974, S. 96.

[34] Franz Kafka: Der Verschollene, Frankfurt/Main 2008, S. 16.

[35] Leopold Caro: Auswanderung und Auswanderungspolitik in Österreich, Leipzig 1909, S. 59.

[36] Vgl. Agnes Bretting und Hartmut Bickelmann: Auswanderungsagenturen und Auswanderungsvereine im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1991, S. 87.

[37] Vgl. Lacan: Die Psychosen, S. 260.

[38] Martin Pollack: Kaiser von Amerika. Die große Flucht aus Galizien, Wien 2010, S. 97. Die Formulierung vom „mitnaschen“ macht deutlich, wie sehr selbst heute noch Metaphern des Parasitären die Geschichtsschreibung zum Thema Auswanderungsagenten bestimmen. Vgl. auch Bretting und Bickelmann: Auswanderungsagenturen, S. 30, 73 und 83.

[39] Caro: Auswanderung, S. 59.

[40] Vgl. Eva Horn: Der geheime Krieg. Verrat, Spionage und moderne Fiktion, Frankfurt/Main 2007.

[41] Caro: Auswanderung, S. 59.

[42] Siehe Deleuze und Guattari: Tausend Plateaus, S. 14: „Schreiben hat nichts mit Bedeutung zu tun, sondern damit, Land – und auch Neuland – zu vermessen und zu kartographieren.“

[43] Ich arbeite hier mit einer Minimaldefinition von ‚Karte’, die darunter ganz grob gesprochen die bildliche Darstellung räumlicher Verhältnisse versteht. Vgl. Robert Stockhammer: Kartierung der Erde. Macht und Lust in Karten und Literatur, München 2007, S. 7. Manfred Schneider bespricht „Mapping“ ebenfalls als eine „Betriebsweise paranoischer Vernunft“, versteht darunter aber jede Art von bildgebendem Verfahren und geht auf im engeren Sinne topo- und kartographische Fragen nicht ein. Manfred Schneider: Das Attentat. Kritik der paranoischen Vernunft, Berlin 2010, S. 591-631.

[44] Vgl. zu Strahlen als Topos paranoischer Semantik (u.a. bei Schreber) Christoph Asendorf: Ströme und Strahlen. Das langsame Verschwinden der Materie um 1900, Gießen 1989, S. 139ff.

[45] Für weitergehende Hinweise zu Paranoia als Irritation von Sehen und Sichtbarkeit vgl. Meilicke: Paranoia und technisches Bild, Berlin 2021.

[46] Zu Otto Gross vgl. Josef Dvorak: Kokain und Mutterrecht, in: Mammut. März-Texte 1&2, 1969-1984, hrsg. von Jörg Schröder, Herbstein 1984, S. 1059-1089. Zum zerrütteten Verhältnis zwischen Sohn Otto und Vater Hans Gross vgl. die Materialsammlung: Der Fall Otto Groß. Eine Pressekampagne deutscher Intellektueller im Winter 1913/14, hrsg. von Christina Jung und Thomas Anz, Marburg 2002. Otto Gross

[47] Ob Anton Wenzel Grosz das Handbuch von Hans Gross selbst gelesen hat oder indirekt mit ihm in Berührung kam, kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Fest steht jedoch, dass Grosz mit seinem Mitpatienten Otto Gross, dem Sohn von Hans Gross, in engem Kontakt stand: Otto Gross nämlich nahm noch als Anstaltsinsasse seine Tätigkeit als Analytiker wieder auf und publizierte später eine Fallgeschichte über Anton Wenzel Grosz, in der er diesem – in Analogie zu Freuds Schreber-Analyse – einen paranoischen Beziehungswahn attestierte, der auf eine „homosexuelle Einstellung zum Vater“ zurückzuführen sei. Vgl. Otto Gross: Drei Aufsätze über den inneren Konflikt, in: Abhandlungen aus dem Gebiete der Sexualforschung, Bd. II, 1919/20, S. 28-30.

[48] Hans Gross: Handbuch für Untersuchungsrichter als System der Kriminalistik, 5. Aufl., München 1908, S. 545.

[49] Ebd., S. 547. Vgl. zu den Begriffen ‚Kroki’ und ‚krokieren’: Duden. Die deutsche Rechtschreibung, 24. Auflage, Mannheim 2006, S. 614.

[50] Gross: Handbuch, S. 47, 49, Kursivierung von mir, Sperrdruck im Original.

[51] Gross: Handbuch, S. 10, 11.

[52] Vgl. hierzu Manfred Schneider: Gefahrenübersinn: Das paranoische Ding, in: Archiv für Mediengeschichte, Nr. 9: Gefahrensinn, hrsg. von Lorenz Engell, Bernhard Siegert und Joseph Vogl, München 2009, S. 161-176.

[53] Paul Sérieux und Jean Capgras: Les folies raisonnantes. Le délire d’interprétation, Paris 1909.

[54] Carlo Ginzburg: Spurensicherung, in: ders.: Spurensicherungen. Über verborgene Geschichte, Kunst und soziales Gedächtnis, Berlin 1983, S. 78-125, S. 86 und 87.

[55] Gilles Deleuze: Was die Kinder sagen, in: ders.: Kritik und Klinik, Frankfurt/Main 2000 [1993], S. 85-93, hier S. 89 und 87, meine Hervorhebung.

[56] Michel Foucault: Überwachen und Strafen, Frankfurt/Main 1977 [1975], S. 183.

[57] Ernst Böck: Die schlesische Landesirrenanstalt zu Troppau, in: Heinrich Schlöss: Die Irrenpflege in Österreich in Wort und Bild, Halle 1912, S. 276-296. Über den Zweck der Parzellierung und Aufteilung äußert sich Böck, der Direktor der Troppauer Anstalt war, auch ganz explizit: „[E]s wurde […] Bedacht genommen, die Kranken in kleinere Gruppen zu teilen; es gelingt so eher, störende Elemente auszuschließen.“ Ebd., S. 285. Böck taucht übrigens auch in Grosz’ Aufzeichnungen auf: „Die Mörder haben auch Doppelgänger für den Director Boeck der Troppauer Landesirrenanstalt.“ (54) Böck, geboren 1857 in Wien, war unter anderem Assistent von Krafft-Ebing und Wagner-Jauregg, bis er 1896 Direktor der Landes-Irrenanstalt Troppau wurde. Siehe Alma Kreuter: Deutschsprachige Neurologen und Psychiater. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon von den Vorläufern bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, München 1996, S. 156.

[58] Vgl. zum Rhizom Deleuze und Guattari: Tausend Plateaus, S. 11-42.